Von Patriarchen und Popen, Märtyrern und Ikonen
Ursprung
Das Christentum kam schon recht früh durch den missionierenden Apostel Paulus im 1. Jh. n. Chr. nach Griechenland, das damals Teil des Römischen Reiches war. Nach der Teilung des Römischen Reiches wurde Griechenland Konstantinopel unterstellt. Um 1000 n. Chr. führte der bis dahin schwelende Streit der östlichen Gemeinden mit Rom zum Bruch. Die orthodoxe Kirche spaltete sich von der römisch-katholischen ab.
Grundsatz
Eine wichtige Rolle innerhalb der orthodoxen Gemeinden spielt vor allem die Marienverehrung sowie das Verehren unzähliger Märtyrer und das Anbeten von Ikonen. Im Gottesdienst werden die Gläubigen nicht wie bei den Katholiken oder Protestanten zu guter Lebensweise ermahnt, sondern es geht darum, die Heiligen und Gott zu lobpreisen. Der Streit mit den Katholiken entzündete sich damals vor allem an der Frage, von wem der Heilige Geist ausgeht. Für die Orthodoxen geht dieser nur von Gott aus, während er für die Katholiken auch von Jesus ausgeht.
Feste
Das wichtigste Fest Griechenlands ist das Osterfest, das nach dem orthodoxen Kalender nicht zeitgleich mit unserem Osterfest gefeiert wird. Neben Weihnachten, das ebenfalls zentrale Bedeutung hat, werden noch zahlreiche andere kirchliche Feste begangen. Im familiären Bereich wird nicht nur der Geburtstag, sondern vor allem der Namenstag gefeiert.
Kirchliche Positionen
Die orthodoxe Kirche ist streng hierarchisch aufgebaut. Priester und Diakone müssen sich vor ihrer Weihe entscheiden: Entweder sie heiraten, oder sie werden Mönch. Die meisten entscheiden sich aber für die Ehe und gründen eine Familie. Mönche und Bischöfe dürfen nicht heiraten. Die Bischöfe, die alle gleichrangig sind, wählen ihr Oberhaupt, den Erzbischof von Athen. Die Kirchenoberen waren an der Politik des 20. Jh. maßgeblich beteiligt. Jeder Regierungswechsel wird bis heute durch eine Messe begleitet.
Politischer Einfluss
Politik hat in der griechischen Kirche eine lange Tradition: Als Griechenland noch Teil des Osmanischen Reiches war, besaß die Kirche Sonderrechte. Den Kirchenoberen ging es materiell gut, ihr Einfluss auf das Volk war groß. Die Kirche nutzte ihre starke Stellung aber auch, um das griechische Nationalbewusstsein zu stärken und das kulturelle Erbe zu pflegen. Die Entflechtung von Kirche und Staat begann spät und ist noch nicht ganz perfekt. So war es z.B. bis 1982 nicht möglich, nur standesamtlich und nicht kirchlich zu heiraten.
Die PASOK-Regierung verabschiedete jedoch einige Gesetze gegen den Widerstand der Kirche, wodurch deren Einfluss deutlich gemindert wurde. Zum Streit zwischen Kirche und Staat kam es auch wieder mit der Regierung Simitis. Gegen den erbitterten kirchlichen Widerstand setzte die griechische Regierung durch, dass nun die Religionszugehörigkeit nicht mehr in den Ausweis eingetragen wird, sie wird jetzt als Privatsache betrachtet und hat somit im Pass nichts mehr zu suchen.
Kirche und Gesellschaft
Über 95% der Bevölkerung gehören der orthodoxen Kirche an. Kirchenaustritte sind nach wie vor selten, es muss keine Kirchensteuer bezahlt werden. In vielen Gemeinden sitzt der Pope abends beim Tavli-Spielen im Kafenion und wacht bei Klatsch und Tratsch über die Moral seiner Schäfchen. Obwohl die Herren in ihren langen, schwarzen Gewändern und ihrem hochgesteckten Zopf überall respektvoll behandelt werden, nimmt ihr Einfluss auf das alltägliche Leben doch mehr und mehr ab. Das bedeutet aber nicht, dass man die kirchlichen Feiertage nicht mehr feiert oder dass in den Kirchen keine Kerzen und kein Weihrauch mehr entzündet werden. Nach wie vor steht in jedem Haus die geschmückte Ikone und das Öllämpchen, auch wenn es um die Jungfräulichkeit der unverlobten Tochter nicht immer ganz so gut bestellt ist wie in früheren Jahren.